Es ist Ende August, beim Kirchgemeindehaus Aalmatten in Nidau, steige ich auf mein Fahrrad. Auf der Brücke, die mich auf die andere Seite der Zihl bringt, halte ich kurz inne. Viel Grün säumt das glatte Wasser.
Ich will weiter an die Lyss-Strasse 43 ins Vereinslokal von InterNido, hier, wo die Häuser höher werden, die Einkommen kleiner und die Nachbarschaft durch Schnellstrassen geprägt ist. Im InterNido besuche ich einen Deutschkurs.
Eine Gruppe von acht Personen sitzt im Erdgeschoss des Hochhauses. Die halbe Welt kommt hier dreimal die Woche zusammen und doch geht es nur um eines: «Deutsch lesen, schreiben, sprechen», wie es eine Frau aus Eritrea sagt. Eine iranische Kurdin meint, ihr falle das Reden schwer. Es sei heraufordernd, in ihrem Alltag als Mutter regelmässige Kontakte zu Personen zu knüpfen, die deutsch sprechen. Dies erzählen mir auch die zwei jungen kurdischen Mütter am Nachbartisch – ihre Kinder spielen gerade im Nebenzimmer, das Jüngste ist 14 Monate alt und zeigt mir gerade auffordernd ein gelbes Plastikförmchen. Der Sprachkurs bei InterNido sei eines der wenigen Angebote, wo sie ihre Kinder mitnehmen können. Gerade für junge Mütter stellt die sprachliche Integration eine grosse Hürde dar. In der Integration wird viel gefordert, vielfach fehlen aber geeignete Unterstützungsangebote in der Kinderbetreuung, um Frauen ohne Schweizer Pass bei Spracherwerb und Arbeitsintegration zu unterstützen. Das kleine Mädchen zieht weiter und zeigt ihr Plastikförmchen stolz dem Kursleiter weiter.
Ruedi Albonico leitet schon seit 2012 Deutschkurse bei InterNido. Mit viel Humor pocht Ruedi auf die korrekte Vergangenheitsform: «Gestern brachte ich einen Kuchen. Wo ist denn der Kuchen?»
Der Verein InterNido wird bei den Kursteilnehmenden sehr geschätzt, hier finden sie Gemeinschaft, unternehmen Ausflüge, pflegen Kontakte zu deutschsprechenden Personen in Nidau. Die Sprachkurse von InterNido sind ausgesprochen niederschwellig. Die geringen Kurskosten werden durch die Unterstützung der Stadt Nidau ermöglicht und sind so ein wichtiger Teil der Integrationsarbeit. Getragen wird InterNido durch Freiwilligenarbeit – ein kleiner Vorstand leistet viel, um in Nidau weiter Angebote zu ermöglichen, die für alle zugänglich sind. Dabei ist es erklärtes Ziel, den Austausch zwischen Personen mit und ohne Schweizer Bürgerrecht zu fördern, um in Nidau in guter Nachbarschaft zu leben.
Hier möchte auch ich mich als Mitarbeiterin der reformierten Kirchgemeinde Nidau engagieren. Seit den Anfängen des Vereins InterNido ist die Kirchgemeinde mit dem Verein verbunden. Wir wollen Möglichkeiten zu Begegnungen und Verbindungen mittragen – und als Teil der Nachbarschaft weiter Brücken schlagen – über graue Schnellstrassen und die grüne Zihl hinweg.
Anna Schiltknecht, Mitarbeiterin Sozialdiakonie, Schwerpunkt Integration/Migration
Bildlegende: Im Vereinslokal von InterNido – hier leitet Ruedi Albonico seit 2012 Deutschkurse. (Foto Anna Schiltknecht)