Kürzlich las ich beim Verlassen eines Restaurants auf einer Tafel:
«Einzigartig ist viel besser als Perfekt!»
Nur, was soll das bedeuten, was heisst das konkret? Da kam mir die Kirchgemeinde Nidau in den Sinn. Wohin geht bei uns die Reise? Wer sind wir, was wollen wir sein? Diese Auseinandersetzung beschäftigt den Kirchgemeinderat und das Pfarrteam. Dabei stellt sich die Frage: Was ist besser, einzigartig oder perfekt zu sein?
Einzigartig kann bedeuten, dass man einmalig oder aussergewöhnlich ist. Ausserhalb des Gewohnten. Ich denke da zum Beispiel an den Gottesdienst am Stedtlifescht Nidau. Ein Anlass mitten in Nidau auf dem Marktplatz. Dieser Gottesdienst war einzigartig, aber lange nicht perfekt. Denn wir hatten es versäumt, die Nachbarn zu informieren, oder sogar speziell dafür einzuladen. Es gab danach prompt eine schriftliche Reklamation wegen des Lärms (Alphorn).
Wenn die Kirche sichtbar sein soll, so ist das nie perfekt, aber meist originell und damit einzigartig. Wir alle möchten, dass die Kirche sichtbar ist und wird. Die Kirche mitten im Dorf mit dem Kirchturm reicht nicht aus. Die Sozialdiakonie lanciert das Projekt «Chile-Velo» im Verlauf des nächsten Jahres. Wir bewegen uns zu den Menschen. Sie werden die Kirche anders, vielleicht auch aussergewöhnlich (einzigartig), wahrnehmen und erleben. Perfekt wird es sicher nicht sein, was, wenn das «Chile-Velo» «ä Platte het»?
Wir sollten zusammen überlegen, was zu uns passt und was eher nicht. Nicht immer sollte alles einzigartig sein, denn Bewährtes hat durchaus seinen Platz und darf selbstverständlich weiterentwickelt werden. Die Kirche sollte nicht zu einer Event-Maschine werden. Wir wissen, dass jüngere Leute sich gerne durch Einzigartigkeit ansprechen lassen. Für die jüngere Generation ist das Perfekte eher unattraktiv.
Voltaire (1772) hat zu Recht gesagt «le mieux est l’ennemi du bien» oder das Perfekte ist der Feind des Guten. Wann ist das Perfekte gut genug? Dann lieber 80 Prozent getan als gar nichts, sagt sich der Pragmatiker. Und der Optimist sieht auch in einem schwarzen Schaf eine gewisse Einzigartigkeit.
Das Projekt «Chile-Velo» fasziniert durch seine Vielfalt. Ich freue mich schon heute, einen Espresso (aus Bohnen einer lokalen Rösterei) der Kaffee-Bar des «Chile-Velo» zu trinken und angeregte, oder vielleicht auch einzigartige, Gespräche zu führen.
Eric Hoffmann,
Präsident Kirchgemeinderat Nidau