Die Orgel und der Markt

Marktkonzerte sind beliebt. In Mitteleuropa ist Ende der 1980er Jahre die Mittelalter-Musikszene entstanden, vorwiegend auf den Mittelaltermärkten. Diese ist abzugrenzen von der historischen Aufführungspraxis mittelalterlicher Musik, welche die europäische Musik bis 1450 stilistisch so authentisch wie möglich wiedergeben möchte.

Die Musik der Mittelalterszene ist breit gefächert: Sie reicht von folkloristischer Musik mit Gesang, Saiteninstrumenten, Harfen, Flöten, Krummhörnern, Schalmeien, Drehleiern und weiteren historischen Instrumenten bis hin zu lauter, rockiger Musik. Was hat das nun mit unserer schönen Königin der Instrumente, der Orgel, in der Kirche Nidau zu tun? Da wir sie nicht auf den Markt tragen können, laden wir Organistinnen der Kirchgemeinde Nidau von Juni bis Oktober einmal pro Monat am Samstag während des Marktes in die Kirche ein, um eine halbe Stunde Musik zu geniessen.

Diesen Sommer werden Orgel und Markt nicht direkt benachbart sein wie üblich, da in der Mittelstrasse eine grössere Baustelle entsteht. Vom Platz neben der Bibliothek, wo der Markt stattfindet, wird man einen etwas weiteren Weg zum Marktkonzert in der Kirche haben als sonst.

Die Entstehungsgeschichte der Kirchenorgel reicht bis ins 3. vorchristliche Jahrhundert. zurück, zu ihrem Erfinder Ktesibios aus Alexandrien, der Techniker und Maschineningenieur war. Er nannte sein neues künstliches Musikinstrument «Hydraulos », also «Wasser-Aulos». (Der Aulos war in der Antike ein weit verbreitetes Blasinstrument, der heutigen Oboe verwandt.)

Dank ihres Weiterbestehens im Osten tauchte die Orgel nach langem Vergessen im Westen in Form eines Geschenks von Kaiser Konstantin V an König Pippin im Jahre 757 wieder auf und trat ihren Siegeszug in die Paläste, Kirchen und Kathedralen an. Die heutige Kirchenorgel ist in der Regel ein orchestrales Instrument mit vielfältigen Klangfarben, dank einer grossen Anzahl an möglichen Kombinationen der Register. Dies erlaubt die Aufführung verschiedenster Stile, vom Sakralen über das Symphonische bis hin zu Pop und Jazz.

So haben wir Organistinnen auch für dieses Jahr wieder eine bunte Folge von attraktiven Programmen für die Marktkonzerte zusammengestellt: Die Reihe beginnt Ende Juni mit impressionistischen Klängen, Ende Juli wird Sally Jo Rüedi (Orgel) mit Monika Zuber (Alphorn) «Urchiges und Überraschendes» musizieren, im August dann mit ihrem Trio «Take Three» Furore machen, im September wird die Sängerin Anne Florence Marbot mit meiner Wenigkeit an der Orgel das Publikum in Bann ziehen, als Abschluss werden am Zibelemärit Ungarische Zigeunerweisen die Ohren verzaubern.

Wir hoffen auf zahlreiches Publikum, denn «Die Musik erfüllt die Zeit, indem sie das Geheimnis des Lebendigen in uns hineinträgt.» (Fontenelle, frz. Enzyklopädist).

Ursula Weingart, Organistin und Kirchenmusikerin

Foto: Marco Roth

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Die Juni-Ausgabe unserer Gemeindeseiten in der Zeitung reformiert.