Johannisbeeren und ein Geburtstag

Im Juni gibt’s Johannisbeeren und Johannes der Täufer hat Geburtstag.

Der Monat Juni ist ein wunderbar heller Monat – der Sommer kommt nun mit Kraft. Doch ehe man sich’s versieht, ist auch schon der längste Tag vorbei. «Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen». So äusserte sich Johannes der Täufer im Johannesevangelium (3,30), als er über sein Verhältnis zu Jesus sprach. Die Geburt des Johannes wurde auf den 24. Juni datiert, kurz nach der Sommer-Sonnenwende, und seine Bemerkung «ich muss abnehmen» wurde dann auch mit dem Kürzerwerden der Tage in Verbindung gebracht, während nach Jesu Geburt am 24. Dezember die Tage wieder länger werden.

Johannes der Täufer war ein Prophet, ein Asket, ein Bussprediger. Er bezeichnete sich selber als «Rufer in der Wüste», es heisst: «Er trug ein Gewand aus Kamelhaare und seine Speise war Heuschrecken und wilder Honig» (Matthäus 3,4). Er war von Kind an ein Gott-Geweihter und Wegbereiter für Jesus, der gemäss Lukasevangelium ein halbes Jahr nach Johannes zur Welt kam.

Johannes predigte in der Wüste und am Jordan. Er rief die Menschen zur Umkehr auf, zu gerechterem Handeln im Alltag und zur Vorbereitung auf die Ankunft des ersehnten Erlösers und Königs. Und er lud zur Taufe ein als Zeichen des Neuanfangs. Seine Erscheinung und Botschaft müssen eindrücklich gewesen sein: Viele zogen zu ihm hinaus, wollten ihn sehen und hören und sich von ihm im Fluss Jordan taufen lassen – eines Tages auch Jesus.

Johannes und sein Wirken wurde auch nach seiner skandalösen Hinrichtung – er fiel bei der damaligen High Society in Ungnade – nicht vergessen. Die Orte am Jordan in Israel und Jordanien, wo Johannes taufte, sind heute wichtige Pilgerorte für Christinnen und Christen aus der ganzen Welt.

Das Ritual der Taufe geht auf Johannes «den Täufer» zurück. Und natürlich auf Jesus, der bei seiner Abschiedsrede gesagt hat: «Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…» (Matthäus 28,18–19).

Es gab und gibt in der Kirchengeschichte verschiedene Taufverständnisse und -Praxen. Manchmal gab es deswegen Konflikte und Zerwürfnisse. In vielen Kirchen werden bereits die Kinder getauft. Doch die Taufe hat viele Bedeutungen und Aspekte: Bekenntnis, Zugehörigkeit, Initiation, Reinigung, Fest, Tradition, Einladung, Begrüssung, Segnung… Glaubenserfahrungen und Rituale wie die Taufe sind wichtig und heute ein grosses Bedürfnis.

Vielleicht lädt uns der Johannes-Monat Juni ein zum Nachdenken über die Taufe, vielleicht wächst der Wunsch nach einer Tauferinnerung.

Oder das Johannes-Zitat «Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen» fordert auch uns heraus, Prioritäten zu verschieben, gewissen Themen in unserem Leben künftig mehr, anderen weniger Raum und Zeit zu schenken.

Pfarrerin Silvia Liniger