Auf was es ankommt

Gedanken zur verschobenen Konfirmation, Corona und dem Leben

Sonntag, 3. Mai 2020, reformierte Kirchgemeinde Nidau

Diese Jungen Menschen, Amélie, Gian, Melina, Layla, Liana, Tristan, Sina, Meret, Nina, Neal und Noël, sollten an diesem 3. Mai in der Kirche Nidau konfirmiert werden. Aus bekannten Gründen ist dies nicht möglich, die Konfirmation wurde voraussichtlich auf den 31. August verschoben.

Wir sind besorgt, besorgt um die Gesundheit, besorgt auch um die Zukunft.

Was für eine Welt erwartet diese jungen Menschen, wenn sie denn wieder aus der Virus-Schreckstarre erwacht? In welchem wirtschaftlichen Umfeld werden/können sie ihren weiteren Lebensweg gestalten?

Es gibt einen alten Text, welcher vielen Menschen, nicht zuletzt auch mir selbst, in schwierigen Zeiten immer wieder geholfen hat. Denn auch die Erfahrung war da: Man kann sich noch so viele Gedanken und Sorgen machen, ja, die Situation mag ausweglos erscheinen, da plötzlich geht irgendwo eine unerwartete Türe auf, gibt es einen anderen Weg. Neu und ganz anders als gedacht, geplant, geträumt. Doch neue, spannende Möglichkeiten eröffnen sich. 

Das Leben scheint manchmal wie das Leiter-Spiel, das wir als Kinder und mit den Kindern gespielt hatten. Einmal geht alles schnell, nur hinauf, dann plötzlich wieder steil hinunter. Doch irgendwie kommen wir alle ans Ziel – in den Himmel.

Eigentlich hätte ich ja gedacht, meinen Lebensabend in Argentinien zu verbringen, wo meine Kinder leben. Wir hatten dort einmal ein Hotel gebaut. Doch dann kam alles anders und heute finde ich mich als pensionierter Pfarrvertreter in Nidau. Ich staune und fühle mich dabei immer getragen, begleitet von diesen Worten aus der Bergpredigt, Matthäus Evangelium 6;25-33, welche Jesus spricht:

«Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. 
Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?
Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? 
Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?
Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht.
Ich sage euch, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.
Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?
Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? 
Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
Nach dem allen trachten Menschen, die Gott nicht kennen. 
Denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr all dessen bedürft.
Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.»

Nein, es spielt keine Rolle, ob man in einer Villa wohnt mit Seeanstoss oder in einer engen Blockwohnung im Industriequartier. Es spielt keine Rolle, ob man Designer-Klamotten trägt oder Kleider aus der Brockenstube. So oder so kann man glücklich – oder auch sehr unglücklich sein. Geniesse dankbar, wenn es dir gut geht und vergiss dabei die anderen nicht. Aber was uns Corona wieder einmal lehrt: es ist alles nicht selbstverständlich!

Auf was es ankommt, um glücklich zu sein: Nach Gottes Reich zu trachten, das heisst, sich einzusetzen für etwas mehr Liebe, Freude, Friede, Gerechtigkeit. 

Auch wenn selbst das manchmal frustrierend erscheint: vergeben, verzeihen, loslassen, sich keine Gedanken und Sorgen machen. So stellt sich die Erfahrung ein: da ist ein guter Gott, welcher wie ein Vater oder eine Mutter für uns sorgt. Wir sind getragen, begleitet, hinunter und hinauf, bis wir letztlich am Ziel ankommen. Im Spiel ist es der Himmel, im rechten Leben..?

Ich wünsche euch allen Gottes Segen, 

Peter Ryser
Thunstrasse 22, 3770 Zweisimmen, 078 717 42 93, pryser7@bluewin.ch